Leinenpöbelei - was tun? |
Veröffentlicht von Administrator (admin) am 17.09.2013 |
Zunächst mal zum Hintergrund: Was passiert eigentlich wirklich in solchen Situationen und warum schaukelt sich das hoch?
1. Ohne Leine und in natürlicher Umgebung nähern sich Hunde in einem seitlichen Bogen aneinander an und schnüffeln erstmal am Hinterteil. Eine frontale Annäherung mit Fixieren und Kopf flach nehmen (wie sie an der Leine auf einem Bürgersteig üblich ist) würde nur stattfinden, wenn ein Kampf intendiert ist. Normalerweise dauert eine Begrüssung in freier Wildbahn auch nur wenige Sekunden.
2. Wenn sich in der Stadt zwei Hunde begegnen, dann bleibt aufgrund der schmalen Wege und Bürgersteige kaum die Möglichkeit, sich in einem Boden anzunähern. Die meist gespannte Leine tut ein übriges, um die Körpersprache der Hunde völlig zu verändern. Der Mensch, gestreckter Arm, Mühe seinen Hund zu bändigen, dessen Stresspegel ebenfalls steigt, ob einer nahenden, unangenehmen Begegnung mit einem anderen Mensch-Hund-Team, addiert noch mehr Anspannung zur Situation und voila – in Hundesprache übersetzt wird signalisiert: Ja, wir wollen kämpfen.
3. Die Verhaltensweisen, die man bei Leinenpöbeleien oftmals sieht, sind eigentlich dazu gedacht, um einen Kampf zu vermeiden – bellen, in die Leine hängen, knurren – alles, was die wahrgenommene Bedrohung vertreiben könnte. Dies sind alles Verhaltensweisen, die normalerweise die Distanz vergrößern sollen, also den anderen wegscheuchen sollen.
4. Wenn dann beide Menschen entscheiden, dass die Hunde sich beschnuppern sollen (in der Hoffnung, dass das unerwünschte Verhalten dann nachlässt “schau mal, der tut doch gar nichts”), wird es meist schlimmer: Beide Hunde sind vollkommen limitiert durch die Leine und können selbst wenn sie wollen nicht den Rückzug antreten. Die Besitzer halten zusätzlich die Leinen stramm (“falls doch etwas passiert”), vermitteln ihren Hunden damit zusätzliche Anspannung und steigenden Stress. Oft geht eine wahre Belltirade los, das Verhalten ändert sich vom Wunsch des Rückzugs zu Attacke. Manchmal passiert aber auch gar nichts, was aber noch lange nicht heisst, dass die Hunde relaxed sind – meist sieht man viele kleine Stressanzeichen, wie kratzen, gesenkter Schwanz, Ohren zurück, herumtippeln.
5. Weiterhin misinterpretieren die Menschen am Ende der Leine oft provokante Signale ihres eigenen “freundlichen” Hundes – ein typisches Beispiel ist der leicht fiepsende Hund, der schwanzwedelnd seinen Besitzer überzeugt “lass mich zu dem Hund”. Beides sind nur Zeichen von Anspannung – ob es in freundlicher oder rüder Intention ist, geht daraus nicht hervor. Ein anderes Beispiel sind die als “übertrieben freundlich” wahrgenommenen Hunde – hier hört man zwar kein Knurren oder Bellen, aber sie stürzen sich auf den anderen Hund ohne jede Distanz einzuhalten, berühren das Gesicht des anderen, rempeln ihn an oder springen gar drauf. Das ist extrem unverschämtes Verhalten in Hundesprache – NICHT freundlich. Erwachsene Hunde tolerieren solches distanzloses Verhalten bis ca 5-6 Monate bei Welpen, danach wird der Junghund diszipliniert. Diese Korrekturen unter Hunden sind nur sehr selten körperlich, sondern durch Knurren und Bellen wird der Jungspund vertrieben. Wenn ein Junghund das nicht gelernt hat, weil er zB zu wenig Kontakt zu erwachsenen, gut sozialisierten Hunden hatte, nimmt er diese welpigen, unangemessenen Verhaltensweisen mit ins Erwachsenenalter. Was passiert nun beim Spaziergang? Bello, der vermeintlich so freundliche Hund benimmt sich so gegenüber einem souveränen Hund. Dieser wird reagieren und den anderen massregeln. Je nachdem, wieviel Erfahrung er darin hat und wie rüde die Annäherung war, fällt das teilweise heftig aus. Meist ist Bellos Besitzer entsetzt, dass sein so freundlicher, lieber Hund deutlich zurechgewiesen wird von dem “aggressiven Verhalten” des anderen. Die Realität sieht anders aus: Begonnen hat die Pöbelei der undisziplinierte und distanzlose Rempler und bekommen hat er das, was unter Hunden üblich ist: Eine Massregelung.
6. Das Verhalten der Menschen spielt eine große Rolle: Versucht der Mensch seinen Hund lautstark von seinem Fehlverhalten abzubringen, addiert er nur noch mehr Aufregung und Stress in die Situation. Dasselbe geschieht bei (leider immer noch propagierten) Mitteln wie Leinenruck oder körperlicher Einwirkung auf die Hunde. Wie oben geschildert entsteht so ein Fehlerverhalten durch die Unfähigkeit der Hunde so einer Situation auszuweichen und damit verbunden auch die Unsicherheit, wie sie das lösen sollen. Meistens haben sie auch schon erfahren, dass “ihr” Mensch sie noch forcierter so einer Situation ausgesetzt hat (Hunde wurde zum anderen hingezerrt) oder mehr oder weniger angepasste Korrekturen erfahren, so daß sie ebenfalls wissen, dass sie sich auf ihren Menschen nicht verlassen können – er regelt aus Hundesicht die Situation nicht souverän, sondern zeigt selbst Unsicherheiten durch Lautwerden (“Mensch und Hund vertreiben den anderen gemeinsam”) und Stressanzeichen. Bedenken Sie: Der Hund nimmt die Anspannung und den Stress des Menschen sehr wohl wahr – aber NICHT die Ursache! Für uns Menschen ist das ein gesellschaftliches “Problem” - es ist unangenehm, mit einem pöbelnden, als aggressiv wahrgenommenen Hund spazierenzugehen. Der Hund nimmt das ganz anders wahr! Die Situationen verschlechtern sich eher, als dass sie sich verbessern, wenn der Mensch “korrigieren” will ohne die Hintergründe zu beachten.
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Zuletzt geändert am: 17.09.2013 um 20:27
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